Donnerstag, 16. Mai 2013

Offener Brief an die Berlin läuft! GmbH zu den BIG 25 Berlin


Sehr geehrte Damen und Herren von Berlin läuft!

Ich schreibe Ihnen, um mich für die wieder gut organisierten BIG 25 Berlin zu bedanken, an denen ich vor zwei Wochen teilgenommen habe, aber auch um Kritik an dem seit letzten Jahr integrierten Halbmarathon zu üben, der meiner Meinung nach das eigentliche Rennen zu stark verwässert.

Ich laufe seit 1998, meine erste Teilnahme an den 25km von Berlin war 1999. Es ist einer meiner Lieblingsläufe, und so war ich seit dem fast jedes Jahr dabei. Im letzten Jahr konnte ich trotz Anmeldung leider wegen einer leichten Erkrankung nicht teilnehmen, aber vorletzten Sonntag habe ich das Dutzend voll gemacht.

Ich verbinde viele gute Erinnerungen mit dem Lauf. Zweimal bin ich 1:30:xx gelaufen, die 90-Minuten-Grenze zu knacken ist mir aber leider nie geglückt. Jedenfalls weiß ich aus den Jahren, in denen ich mit guten, aber eben doch nicht besonderen, Leistungen sehr gut platziert war, dass der Lauf leider nicht so gut besetzt ist, wie man es sich für einen Lauf mit einer so attraktiven Strecke, hervorragenden Bedingungen (bis auf ein Zuviel an Sonne in einigen Jahren, das aber auch reizvoll sein kann) und langer Tradition wünschen würde. Daher weiß ich es sehr zu schätzen, dass Sie diesen Lauf nun seit einigen Jahren organisieren und damit vielleicht sogar gerettet haben, und ich habe Verständnis dafür, dass Sie experimentieren, um die Akzeptanz des Laufs zu erhöhen und mehr Läufer zu erreichen.

Ich bin also gar kein Purist. Nun, zumindest kein großer. Der nun integrierte 10km-Lauf käme für mich zwar nicht in Frage, aber die zusätzlichen Läufer stören nicht beim Start und bis auf ein paar Verstreute, die beim Einlauf der 25km-Eliteläufer noch auf der Strecke sind, begegnen sie nach dem Abbiegen von der 25km-Strecke den 25km-Läufern nicht mehr. Wenn Sie helfen, die Veranstaltung am Leben zu erhalten, dann bin ich voll und ganz dafür. Die Staffel würde ich, wenn ich den Lauf nicht kennen würde, sicher mit Skepsis betrachten, aber die Zahl der Staffelläufer ist so, dass auch sie nicht stören, und in der Tat fand ich es auf den letzten 5km manchmal hilfreich, zusätzliche Läufer und in Läuferinnen in meinem Tempo um mich herum zu haben.

Ebenso war ich bezüglich der Halbmarathonläufer skeptisch, wollte aber am Sonntag bei meinem ersten Start seit der Integration des Halbmarathons offen ihr gegenüber sein und schauen, wie sie sich tatsächlich auf den Lauf auswirkt. Leider war es so unangenehm wie ich befürchtet hatte.

Das zuerst in Zahlen: Von den 2843 25km-Läufern, die ins Ziel gekommen sind, war ich 45. (in 1:41). Eine Überschlagsrechnung ergibt, dass ich dabei auf der zweiten Hälfte ungefähr 300 der 682 Halbmarathonläufer überholt haben muss. Obwohl also der 25km-Lauf auch von der Teilnehmerzahl her immer noch ganz klar der Hauptlauf ist, habe ich mich auf der zweiten Hälfte als 25km-Läufer als Fremdkörper im Feld gefühlt. Dabei waren die Halbmarathonläufer, auf die ich als erstes gestoßen bin, natürlich langsame und teils ungeübte Läufer, und vor allem derer viele. Es war zwar genug Platz, um an ihnen vorbei zu kommen, aber dabei musste ich doch Schlenker in Kauf nehmen, und wenn ich stattdessen mal eine kleine Lücke genutzt habe, waren die überholten Läufer, von denen viele einfach keine Vorstellung davon haben, wie es ist, zu versuchen, ein schnelles Rennen zu laufen, erschrocken und ohne Verständnis. Auch an den Wasserstellen war es voll, und einen Becher zu greifen wurde nicht nur dadurch erschwert, dass die anderen Läufer langsamer waren, einige von ihnen sind sogar plötzlich stehen geblieben. Das ist ein Problem, das einem nicht mehr begegnen sollte, wenn man etwas weiter vorne im Feld läuft.

Zu diesen praktischen Problemen kommt, dass ich meine eigentlichen Gegner in der Menge nur noch schwer ausmachen konnte. Das Gefühl, einen Wettkampf zu laufen, ist geschwunden. Auch der Zieleinlauf wird gefühlsmäßig entwertet, wenn man inmitten langsamerer Läufer einläuft.

Ich bin sehr enttäuscht, dass einer meiner Lieblingsläufe so an Charakter verloren hat. Ich verstehe, dass Sie wirtschaftlich denken müssen, frage mich aber, ob der Halbmarathon mittelfristig wirklich lohnend ist. Ich weiß nicht, wie viele der Halbmarathonläufer, bei den 25km starten würden, gäbe es den Halbmarathon nicht. Sie haben sicher versucht, Zahlen dazu zu erheben. Ich weiß aber, dass ich in der jetzigen Form eher nicht mehr an dem Lauf teilnehmen werde. Und das schreibe ich schweren Herzens, denn ich fand den Lauf eigentlich immer viel attraktiver als beispielsweise den Berliner Halbmarathon. Halten Sie es denn wirklich nicht für realistisch, selbstbewusst für die Vermarktung zu nutzen, dass dies eben kein Halbmarathon ist?

Mit sportlichen Grüßen

Carsten Schultz
(Pro Sport Berlin 24)

2 Kommentare:

  1. Hi Carsten,

    wir sind da ganz Deiner Meinung und haben uns dazu schon vor 2 Jahren ausgelassen:
    http://www.running-twins.de/2011/08/23/big25-oder-darf-es-ein-wenig-mehr-sein

    Leider hat es nichts geändert. Die (wenigen) schnellen Läufer zählen bei dem ganzen Event einfach nicht. Kommerz geht eben nur mit der Masse. Sehr schade eigentlich, denn der Lauf war immer toll. Dadurch wird er herabgewertet.

    Sportlicher Gruß,
    Marek von den Running Twins

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    1. Hallo Marek,

      Danke für die Antwort und den Hinweis auf Deinen Beitrag dazu. Ich nehme das mal zum Anlass für ein kurzes Update.

      Ich habe zu diesem Brief von einigen Zustimmung erhalten, aber es war leider niemandem wichtig genug, um diese hier zu veröffentlichen. Da wären zum Beispiel fast eine Handvoll hier ;) Ich möchte noch eine Kritik ergänzen, die jemand in diesem Zusammenhang geäußert hat: Dass die 10km-Strecke nicht offiziell vermessen ist, könnte deutlicher in der Ausschreibung stehen.

      Ich habe auch eine freundliche Antwort von Herrn Janetzky, Geschäftsführer der „Berlin läuft!“, erhalten. Das hat mich gefreut, und ich erkenne das Bemühen an. Darin bekräftigt er, dass die 25km für den Veranstalter sportlich Vorrang hätten, verweist aber darauf, dass für Läufer, die ihre Zeiten vergleichen wollen, die 25km zu einer Exotendistanz geworden wären. Er weist auch auf einen deutlich höheren Frauenanteil beim Halbmarathon hin. Daher sehe er das Angebot des Halbmarathons als wirtschaftlich notwendigen und auch erfolgreichen Kompromiss. (Dies ist meine Zusammenfassung, ich bitte daher, diese Worte nicht auf die Goldwaage zu legen.)

      Es wird sich also nichts ändern, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Trotzdem bin ich zufrieden, dass die Kritik aufgenommen wurde. Insgesamt ist die Situation enttäuschend, aber man darf nicht vergessen, dass es mal einen Zeitpunkt gab, zu dem auch denkbar gewesen wäre, dass der Lauf ganz stirbt. Nun haben wir ihn noch, aber es macht weniger Spaß ihn zu laufen. Nun ja.

      Gruß

      Carsten

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